Jusos Potsdam-Mittelmark
Der Landesdelegiertenkonferenz & SPD- Landesparteitag & SPD- Landtagsfraktion möge beschließen:
Der SPD- Bundestagsfraktion möge beschließen:
Integration als Chance- Rückbesinnung auf sozialdemokratische Werte in der Migrationspolitik
Wir fordern die SPD Brandenburg und die Landtagsfraktion, sowie die Bundespartei und die Fraktion im Bundestag dazu auf, eine eigene sozialdemokratische Migrationspolitik zu entwickeln.
Dabei sollte nicht wie bisher den rechten Narrativen hinterhergelaufen werden, sondern bewusst eigene Lösungen präsentiert werden. In den vergangenen 10 Jahren folgte eine Asylrechtsverschärfung auf die nächste, immer mit dem Ziel, auch die gesellschaftliche Akzeptanz für Migration zu steigern. Das hat nicht funktioniert, im Gegenteil, in den Befragungen zur vergangenen Europawahl war Zuwanderung eines der Themen, die die Wähler*innen beschäftigt. Die Sorge vor einer vermeintlichen Überfremdung und zu viel Einfluss des Islam nimmt rapide zu. Es werden Vorschläge laut, die SPD müsse „ohne Scheuklappen“ über das Thema Migration sprechen und sich „den Kurs der nordischen Sozialdemokraten sehr genau anschauen“. Doch welche Scheuklappen sind damit gemeint? Die SPD hat in den vergangenen Jahren nicht etwa vermeintlich links-idealistische Migrationspolitik gemacht, sondern ist den harten Kurs der Konservativen mitgegangen. Wir haben Bezahlkarten und AnkEr-Zentren beschlossen. Eine sozialdemokratische Innenministerin hat, „um die irreguläre Migration nach Deutschland einzudämmen“ wiederholt stationäre Grenzkontrollen etabliert und verlängert. Ein sozialdemokratischer Bundeskanzler hat Schlagzeilen mit der Forderung „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“ gemacht und erst vor kurzem auch Abschiebungen in Terrorstaaten, wie Syrien oder Afghanistan ins Spiel gebracht. All das hat im Ergebnis nichts gebracht.
Wir brauchen einen neuen Kurs in der Migrationspolitik, einen eigenen mit klarer sozialer Handschrift. Wir müssen endlich konsequent auf Integration setzen und Migration als Chance verstehen. So stellt der demografische Wandel das gesamte Land vor große Herausforderungen. Gerade in Brandenburg gibt es zunehmend ganze Landstriche, in denen kaum mehr Menschen leben. Überall fehlen engagierte im Ehrenamt und hunderttausende Stellen bleiben unbesetzt. Allein 1,6 Millionen unbesetzte Stellen im Jahr 2023 und über 70.000 unbesetzte Ausbildungsplätze. Deutschland braucht Zuwanderung. Wir müssen sie nur richtig gestalten.
Wir fordern, dass sich die SPD in Brandenburg und im Bund ein neues Migrationsprogramm gibt, welches konsequent auf Integration setzt. Dazu gehört für uns nicht:
- Abschiebungen in unsichere Staaten (wie Syrien und Afghanistan)! Menschenrechte sind unverhandelbar und Unrechtsregime dürfen nicht durch Deutschland legitimiert werden. Kein deutsches Geld für Taliban und Assad.
- stationäre Grenzkontrollen! Freies Reisen in Europa ist eine große Errungenschaft der Europäischen Union und sollte unbedingt bewahrt werden.
- Bezahlkarten! Diese sind teuer, diskriminierend und haben keinen nachgewiesenen Effekt.
- AnkER-Zentren und zentrale Erstaufnahmeeinrichtungen als verpflichtende Dauerlösung.
Dagegen fordern wir als Teil dieses Programms:
- Der Bund muss Länder und Kommunen wesentlich stärker als bisher finanziell unterstützen. Ausgaben für Integration sind eine Investition in die Zukunft und sollten als solche deutlich erhöht werden.
- Dezentrale Erstaufnahmeeinrichtungen für den ersten Kontakt und mit sehr begrenzter Verweildauer (maximal wenige Monate). So sollen Geflüchtete direkt in die lokalen Strukturen eingebunden werden und in den Kontakt mit der Bevölkerung vor Ort kommen können. In der Erstaufnahme soll:
- eine rechtliche Beratung noch vor der Asylantragsstellung kostenlos durch eine rechtlich und institutionell unabhängige Stelle erfolgen. Somit kann das Verfahren gleich korrekt eingeleitet und beschleunigt werden.-
- psychologische Ersthilfe-Angebote zur Bewältigung von Traumata stattfinden.
- Nach der Erstaufnahme sind Geflüchtete schnellstmöglich individuell oder in kleineren Wohngruppen unterzubringen. Dafür sind bestehende Wohneinrichtungen umzubauen oder zu ertüchtigen. Sollte dies nicht ausreichen, müssen mit Finanzierung des Bundes neue Wohnungen geschaffen werden. Da in diesen eine soziale Durchmischung stattfinden soll, würde so auch der teilweise sehr angespannte lokale Wohnungsmarkt entlastet. Dies ist zwar kostenintensiver, jedoch kann nur so eine echte lokale Integration ermöglicht werden. Zudem entfallen Kosten für bisherige zentralisierte Strukturen.
- Die Förderung von ehrenamtlicher Geflüchtetenhilfe, insbesondere von Begleitprogrammen.
- Sprachkurse für Erwachsene sollen zeitnah und unbürokratisch zur Verfügung stehen. Die bestehenden Kapazitäten sind deutlich auszubauen.
- Geflüchtete sollten ab der ersten Registrierung eine Arbeitserlaubnis erhalten; nicht wie bisher erst nach frühstens Erhalt der Duldung und dreimonatigem Aufenthalt.
- Kinder sollen schnellstmöglich in reguläre Schul- und Betreuungsangebote integriert werden. Dafür sind Integrationsklassen und Gruppen mit besserem Betreuungsschlüssel zu schaffen. Das Ziel soll eine schnelle Eingliederung in den Regelunterricht sein.
- Im Regelunterricht sollen Klassen, in denen vermehrt Kinder mit Migrationshintergrund beschult werden, personell so ausgestattet werden, dass die Lehrkräfte den zusätzlichen Bedarfen gerecht werden können. Denkbar sind sog. Doppelsteckungen oder eine Reduzierung der Klassengröße. Zusätzliche Stellen für Lehrende und Sozialpädagog:innen sind vom Land zu schaffen. Gleiches gilt auch für Angebote in der Kinderbetreuung und im Hort.
Auf diesen Forderungen aufbauend soll ein sozialdemokratisches Migrationsprogramm entstehen.
Begründung:Das Thema Migration beschäftigt die Menschen. Leider wird bisher hauptsächlich mit rechten und rechtsextremen Positionen Stimmung gemacht. Die Agenda in diesem Bereich wird seit einem Jahrzehnt von der autoritär-populistischen AfD bestimmt, die Sozialdemokratie läuft dem bloß mehr oder weniger hinterher. Damit werden jedoch leider die rechten Narrative gestärkt, statt ihnen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Zudem widerspricht ein großer Teil dieses Kurses fundamental unseren Grundwerten. Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan ließen sich kaum realisieren, außer Deutschland würde die Taliban und das Assad-Regime diplomatisch legitimieren und schlimmstenfalls noch finanziell entschädigen. Bezahlkarten werden zurecht wiederholt als diskriminierend und unpraktikabel kritisiert, zudem bringen sie Kosten und einen hohen Verwaltungsaufwand mit. All das, ohne auch nur minimale Evidenz dafür zu haben, dass sie einen Effekt haben. So sieht es bei vielen Maßnahmen im Bereich Migration im vergangenen Jahrzehnt aus. Die Sozialdemokratie sollte sich endlich aus dieser autoritären Spirale lösen und einen neuen Weg gehen. Integration und Asylrecht dürfen nicht länger Spielball emotionaler Diskussionen sein
Empfehlung der Antragskommission: