Der Landesdelegiertenkonferenz möge beschließen:
Sterbehilfe im Jahr 2025 - Ein Entwurf eines Angebots zur Regelung der aktiven Sterbehilfe in Deutschland
Jeder Mensch hat ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Dies hat das Bundesverfassungsgericht jüngst im Jahre 2020 festgestellt. Dabei handelt es sich um ein Grundrecht, an welches sämtliche Staatsgewalt gemäß Art. 1 Abs. 3 GG gebunden ist.
Derzeit ist die Gewährleistung dieses Grundrechts nur schwerlich bewerkstelligt. Es herrschen noch immer eine rechtliche Unklarheit. Dies wurde zuletzt durch die Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2022 (Az.: 6 StR 68/21) deutlich, bei welcher dieser die Abgrenzung von strafloser Teilnahme an der Selbsttötung und aktiver Sterbehilfe durch eine normative Betrachtung verschwimmen lassen hat.
Noch immer hat der Bundesgesetzgeber keine klare gesetzliche Regelung geschaffen, die den Einzelnen das Recht auf ein selbstbestimmtes Ende ihres Lebens in Würde gewähren.
Daher fordern wir die SPD-Bundestagsfraktion auf einen Gesetzentwurf zur Sicherstellung einer verantwortungsvollen aktiven Sterbehilfe einzubringen. Vorrangig sollen dabei die Hürden für Menschen, die an einer unheilbaren und schwerwiegenden Krankheit leiden oder sich in einem fortgeschrittenen Stadium befinden, herabgesenkt werden. Da die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts jedoch allen Menschen ungeachtet schwerer Erkrankung ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben zuerkannt, müssen auch für sonstige sterbewillige Personen ein Angebot unter strengen Hürden gemacht werden.
Um die Betroffenen sachgerecht zu begleiten und eine freie Entscheidung zu gewährleisten, soll hinzukommend ein verpflichtendes vorangehendes Beratungsangebot eingeführt werden. Dieses soll eine psychologische Begleitung und eine umfangreiche Auseinandersetzung mit den Folgen und Risiken, auch mit Rücksicht auf die Angehörigen, umfassen.
Begründung:Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts legt dar, dass das Recht auf selbstbestimmtes Sterben als Auswuchs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) einem hohen verfassungsrechtlichen Schutz unterliegt. Daneben ist der Schutzbereich recht weit gefasst, wodurch sämtliche sterbewillige Personen von diesem Recht Gebrauch machen können. Dem Staat verbleibt daher nur ein geringer Handlungskorridor.
Denkbar ist daher, nach einem Stufensystem zu verfahren, nachdem die Risiken und die Einsichtsfähigkeit berücksichtigt werden. Hinsichtlich unheilbar Erkrankter, die über einen Sterbewunsch verfügen, sind daher nur geringfügige Anforderungen zu stellen. Die Maßnahme dient zu Gunsten solcher Personen zur Linderung von Schmerzen und Qualen. Bezüglich anderer Sterbewilliger muss jedoch eine erhöhte Aufmerksamkeit an den Tag gelegt werden. Häufig verbergen sich dabei hinter dem gefassten Sterbewunsch tiefsitzende, jedoch therapierbare psychische Unwägbarkeiten, die es aufzuarbeiten gilt.
Um einen Schutz vor Missbrauch oder verfrühten Entscheidungen zu schaffen, bedarf es eines vorangehenden Beratungsangebots. Dieses soll den Sterbewilligen eine umfangreiche Auseinandersetzung entsprechend dem Stufenmodell ermöglichen. Insbesondere bei den sonstigen Sterbewilligen soll darauf hingewirkt werden, ihren Sterbewunsch zu überdenken, um dem Lebensschutz ausreichend Rechnung zu tragen. Dabei darf es jedoch nicht zu einer Beeinflussung der Betroffenen kommen. Somit braucht es einer psychologischen Begleitung.
Aktive Sterbehilfe stellt in Fällen von extremem, unaufhaltsamem Leiden eine mögliche Ergänzung zur Palliativmedizin dar. Obwohl die Palliativmedizin unermüdlich daran arbeitet, Schmerzen und Leiden zu lindern, gibt es Situationen, in denen selbst die besten medizinischen Bemühungen versagen und die Lebensqualität eines Patienten unvorstellbar beeinträchtigt ist. Dies gilt insbesondere für **fortschreitende Erkrankungen** wie **Multiple Sklerose** und **Alzheimer**, bei denen die Patienten zunehmend ihre Selbstständigkeit verlieren, ihre kognitiven und körperlichen Funktionen massiv eingeschränkt werden und ein Leben voller Leiden erwartet wird. In solchen Fällen sollte der Arzt das Recht haben, in Übereinstimmung mit dem Wunsch des Patienten die Entscheidung zu respektieren und aktiv bei der Beendigung des Lebens zu helfen.
Der medizinische Fortschritt ermöglicht es, dass dieser Vorgang sicher und in Übereinstimmung mit den ethischen Grundsätzen des ärztlichen Berufs durchgeführt werden kann. Ärzte sollten nicht nur die Aufgabe haben, Leben zu erhalten, sondern auch das Recht des Patienten respektieren, in Würde zu sterben.
Unsere Gesellschaft sollte die Möglichkeit bieten, das eigene Leben in den Händen zu halten und in Würde zu enden, wenn keine Hoffnung auf Heilung oder Verbesserung besteht. Der Fortschritt einer modernen, mitfühlenden Gesellschaft zeigt sich auch darin, dass sie das Recht des Einzelnen respektiert, auch über das eigene Leben und Sterben zu entscheiden. Diese Verantwortung wird besonders deutlich im Umgang mit Menschen, die an unheilbaren und fortschreitenden Erkrankungen wie **Alzheimer** oder **Multiple Sklerose** leiden, da sie oft das Gefühl haben, in einem Zustand zu existieren, der weder für sie noch für ihre Angehörigen noch lebenswert ist.
Die Einführung der aktiven Sterbehilfe würde der Gesellschaft ermöglichen, diese komplexen ethischen und medizinischen Fragen verantwortungsvoll zu beantworten und sicherzustellen, dass Menschen, die unter qualvollen Umständen leben, eine würdevolle und selbstbestimmte Wahl treffen können.
Empfehlung der Antragskommission: